Samstag, 12. September 2009

sterben und heiraten. traumblog teil 4

„dasz der schwere alp der sorgen
mein zufriednes herz nicht drückt.“
GÖKINGK


bloggen im september und eine woche zur premiere. kurz vor dem abkratzen? (während etwas sehr lebendiges gegen die innenwand klopft -) hier fügt sich das letzte fragment-stück in die traumfolge. die romantiker waren es, die den zusammenhang zwischen form und inhalt nicht vernachlässigten, sondern zum hauptgang des spiels erhoben: in anlehnung an die fragmentarisch überlieferten (!) antiken schriften ging der romantiker mit der welt als traum in ihrer ganzen zerstückelung und ausschnitthaftigkeit um. ob er da auch schon daran dachte, dass das, was uns vom traum bleibt, ja bloss die erinnerung desselbigen ist, und vielleicht deshalb fragmentarisch, so wie geschichte bloss erinnerung einer vergangenheit sein kann, subjektiv selektiert?
vor kurzem hatte ich seit langem, sehr langem mal wieder so einen klassischen fall-traum: nach einem ewigen, belanglosen und darum vergessenen vorlauf von gesprächen in einer art whirlpool-sauna-wanne zu viert hatte ich endlich (aus langeweile) die falsche kombination an schaltern gedrückt, wurde darauf hingewiesen und mit den armseligen anderen („toll, jetzt stürzen wir ab“) ins nichts geschleudert. unter uns, kaum noch sichtbar, aber das meer ist endlos weit, also auf jeden fall irgendwo erkennbar, die blaue, stahlharte oberfläche eines meeres. ich dachte noch, wir würden schon tot und zersplittert sein, bevor wir überhaupt aufkommen würden, da fingen wir an zu fallen. und gerade als das fallen so unangenehm wurde, dass es nicht mehr auszuhalten war, weil man weiss wie viel da noch zu fallen ist, und es dauert so lange, da wachte ich um luft ringend auf.

der tod, so heissts, ist im traum wie im tarot was vom besten was einem passieren kann: ablösung, erlösung, auflösung. das ende vom einen ist immer der anfang vom anderen. artemidor (man erinnere sich an den ersten teil) behauptet sogar: „der tod verkündet einem unverheirateten hochzeit an und raubt einem sklaven die vertrauensstellung, die er innehat,- denn beide, hochzeit und tod, gelten den menschen als ziel und vollendung, und immer wird das eine durch das andere angezeigt.“
jetzt mische man das ganze mit kant, von dem beim letzten mal schon gesagt wurde, dass er den traum als retter des körpers vor dem schlaf im tod sah, und heraus kommt etwa dieses: schlaf und tod sind sich irrsinnig ähnlich, nicht ganz selten liest man wendungen wie „sie lag da, aufgebahrt, und sah aus als würde sie nur schlafen und war wunderschön“ (oder so ähnlich). es soll sogar leute geben, die aus angst vor der ähnlichkeit gar nicht mehr schlafen wollen. jemandem im schlaf beobachten, heisst, ihn nackt zu sehen, unbeschützt, maskenlos. wer wirklich schläft, liegt bloss. im schlaf werden nur die zu starken erstochen (oder ihrer haare beraubt), und das tun nur deren nächste. richtig „guter“ sex wird bisweilen mit „sich bewusstlos vögeln“ erklärt. augen zu heisst: hirn abschalten. wer schlecht schläft, hört des nachts nicht auf zu arbeiten. der knopf, der uns in den „stand-by“-modus bringt, ist der gleiche, der bei längerem drücken in den nächst tieferen schlaf führt (via koma oder so). (übrigens ist es beinahe unmöglich geworden, im zusammenhang mit hirn / bewusstsein / geistige vorgänge nicht in computer-analogien zu sprechen, wäre der mensch ein computer wäre das alles auch irgendwie einfacher: einfach ein stück von meinem hirn markieren apfel-c klick in dein hirn apfel-v und schon muss ich gar nix mehr tippen, da ist schon alles gepastet.)
und wenn manchmal eine nacht schlaf die komplette veränderung aller um- und instände bringt – was blüht uns dann erst nach dem licht im tunnel? was niemand weiss, wovon niemand berichten kann, macht angst, und angst lähmt, ist der rost im getriebe, macht klein und zerbrechlich oder grossspurig und fahrlässig – „habt angst“ hat unlängst mal jemand posaunt: angst ist einer der haubttriebe, angst könnte wach halten, angst ist das öl im getriebe.

die meisten träume, die so in umlauf sind, fall-träume, sterbe-träume, killer-träume – na, träume mit tod eben, die enden da wo’s brenzlig wird (vielleicht da wo uns die phantasie fehlt, die ja in sachen träumen angeblich nur aus bereits eingestanzten bildern im gedächtnis besteht, und vor dieser letzten phantasie könnte man aus unwissen angst haben): kurz vor dem abdrücken, vor dem aufschlagen, vor dem eindringen und absacken. dann kommt stattdessen: das aufwachen! die eine theorie ist: solange das ereignis nicht vollendet geträumt ist, ist das problem in realität nicht gelöst. träume also ein paar mal deinen fast-tod, bis du in der wachwelt dein problem gelöst hast, dann träumst du deinen richtigen tod.

so gesehen könnte ich ja am 20. september mal aufschlagen auf dem wasser (kann ich dann tauchen?).

oder heiraten.

was wäre nun aber so rum: du stirbst im traum. du träumst also, dass du stirbst. du denkst noch kurz im traum drüber nach, dass du jetzt im traum sterben könntest. dann drückst du ab und bist tot. du wachst nicht auf. du hörst auf zu träumen. kant würde sagen: achtung, es wird heikel, der schlaf ist gerade haltlos auf dich losgelassen. jetzt stell dir vor, du träumst mit jemandem, der auch weiss, dass ihr träumt, und behauptet (wie man das in träumen so tut), dass das keine rolle spielt, weil es ja jetzt beim träumen real ist. und wie ihr so zusammen träumt und sterbt, sterbt ihr euch ins nächste leben, oder ists dann einfach so banal dunkel wie der abgeschaltete bildschirm?
oder wird dann geheiratet? oder ist das das nächste leben?
arias sagt dann: stück zu ende.
mal sehen, was die nacht noch bringt.

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