REVOLVERTRAUM

Samstag, 12. September 2009

sterben und heiraten. traumblog teil 4

„dasz der schwere alp der sorgen
mein zufriednes herz nicht drückt.“
GÖKINGK


bloggen im september und eine woche zur premiere. kurz vor dem abkratzen? (während etwas sehr lebendiges gegen die innenwand klopft -) hier fügt sich das letzte fragment-stück in die traumfolge. die romantiker waren es, die den zusammenhang zwischen form und inhalt nicht vernachlässigten, sondern zum hauptgang des spiels erhoben: in anlehnung an die fragmentarisch überlieferten (!) antiken schriften ging der romantiker mit der welt als traum in ihrer ganzen zerstückelung und ausschnitthaftigkeit um. ob er da auch schon daran dachte, dass das, was uns vom traum bleibt, ja bloss die erinnerung desselbigen ist, und vielleicht deshalb fragmentarisch, so wie geschichte bloss erinnerung einer vergangenheit sein kann, subjektiv selektiert?
vor kurzem hatte ich seit langem, sehr langem mal wieder so einen klassischen fall-traum: nach einem ewigen, belanglosen und darum vergessenen vorlauf von gesprächen in einer art whirlpool-sauna-wanne zu viert hatte ich endlich (aus langeweile) die falsche kombination an schaltern gedrückt, wurde darauf hingewiesen und mit den armseligen anderen („toll, jetzt stürzen wir ab“) ins nichts geschleudert. unter uns, kaum noch sichtbar, aber das meer ist endlos weit, also auf jeden fall irgendwo erkennbar, die blaue, stahlharte oberfläche eines meeres. ich dachte noch, wir würden schon tot und zersplittert sein, bevor wir überhaupt aufkommen würden, da fingen wir an zu fallen. und gerade als das fallen so unangenehm wurde, dass es nicht mehr auszuhalten war, weil man weiss wie viel da noch zu fallen ist, und es dauert so lange, da wachte ich um luft ringend auf.

der tod, so heissts, ist im traum wie im tarot was vom besten was einem passieren kann: ablösung, erlösung, auflösung. das ende vom einen ist immer der anfang vom anderen. artemidor (man erinnere sich an den ersten teil) behauptet sogar: „der tod verkündet einem unverheirateten hochzeit an und raubt einem sklaven die vertrauensstellung, die er innehat,- denn beide, hochzeit und tod, gelten den menschen als ziel und vollendung, und immer wird das eine durch das andere angezeigt.“
jetzt mische man das ganze mit kant, von dem beim letzten mal schon gesagt wurde, dass er den traum als retter des körpers vor dem schlaf im tod sah, und heraus kommt etwa dieses: schlaf und tod sind sich irrsinnig ähnlich, nicht ganz selten liest man wendungen wie „sie lag da, aufgebahrt, und sah aus als würde sie nur schlafen und war wunderschön“ (oder so ähnlich). es soll sogar leute geben, die aus angst vor der ähnlichkeit gar nicht mehr schlafen wollen. jemandem im schlaf beobachten, heisst, ihn nackt zu sehen, unbeschützt, maskenlos. wer wirklich schläft, liegt bloss. im schlaf werden nur die zu starken erstochen (oder ihrer haare beraubt), und das tun nur deren nächste. richtig „guter“ sex wird bisweilen mit „sich bewusstlos vögeln“ erklärt. augen zu heisst: hirn abschalten. wer schlecht schläft, hört des nachts nicht auf zu arbeiten. der knopf, der uns in den „stand-by“-modus bringt, ist der gleiche, der bei längerem drücken in den nächst tieferen schlaf führt (via koma oder so). (übrigens ist es beinahe unmöglich geworden, im zusammenhang mit hirn / bewusstsein / geistige vorgänge nicht in computer-analogien zu sprechen, wäre der mensch ein computer wäre das alles auch irgendwie einfacher: einfach ein stück von meinem hirn markieren apfel-c klick in dein hirn apfel-v und schon muss ich gar nix mehr tippen, da ist schon alles gepastet.)
und wenn manchmal eine nacht schlaf die komplette veränderung aller um- und instände bringt – was blüht uns dann erst nach dem licht im tunnel? was niemand weiss, wovon niemand berichten kann, macht angst, und angst lähmt, ist der rost im getriebe, macht klein und zerbrechlich oder grossspurig und fahrlässig – „habt angst“ hat unlängst mal jemand posaunt: angst ist einer der haubttriebe, angst könnte wach halten, angst ist das öl im getriebe.

die meisten träume, die so in umlauf sind, fall-träume, sterbe-träume, killer-träume – na, träume mit tod eben, die enden da wo’s brenzlig wird (vielleicht da wo uns die phantasie fehlt, die ja in sachen träumen angeblich nur aus bereits eingestanzten bildern im gedächtnis besteht, und vor dieser letzten phantasie könnte man aus unwissen angst haben): kurz vor dem abdrücken, vor dem aufschlagen, vor dem eindringen und absacken. dann kommt stattdessen: das aufwachen! die eine theorie ist: solange das ereignis nicht vollendet geträumt ist, ist das problem in realität nicht gelöst. träume also ein paar mal deinen fast-tod, bis du in der wachwelt dein problem gelöst hast, dann träumst du deinen richtigen tod.

so gesehen könnte ich ja am 20. september mal aufschlagen auf dem wasser (kann ich dann tauchen?).

oder heiraten.

was wäre nun aber so rum: du stirbst im traum. du träumst also, dass du stirbst. du denkst noch kurz im traum drüber nach, dass du jetzt im traum sterben könntest. dann drückst du ab und bist tot. du wachst nicht auf. du hörst auf zu träumen. kant würde sagen: achtung, es wird heikel, der schlaf ist gerade haltlos auf dich losgelassen. jetzt stell dir vor, du träumst mit jemandem, der auch weiss, dass ihr träumt, und behauptet (wie man das in träumen so tut), dass das keine rolle spielt, weil es ja jetzt beim träumen real ist. und wie ihr so zusammen träumt und sterbt, sterbt ihr euch ins nächste leben, oder ists dann einfach so banal dunkel wie der abgeschaltete bildschirm?
oder wird dann geheiratet? oder ist das das nächste leben?
arias sagt dann: stück zu ende.
mal sehen, was die nacht noch bringt.

die elektrischen pflaumen hatten zu viel des guten. traumblog zwischendreiundvier

Last night your shadow fell upon my lonely room
I touched your golden hair and tasted your perfume
Your eyes were filled with love the way they used to be
Your gentle hand reached out to comfort me
Then came the dawn
And you were gone
You were gone, gone, gone
I had too much to dream last night
Too much to dream
I'm not ready to face the light
I had too much to dream
Last night
Last night

The room was empty as I staggered from my bed
I could not bear the image racing through my head
You were so real that I could feel your eagerness
And when you raised your lips for me to kiss
Came the dawn
And you were gone
You were gone, gone, gone

Oh, too much to dream
Oh, too much to dream
Too much to dream last night
Oh, too much to dream

Donnerstag, 3. September 2009

aus der suppe heraus den sinn. traumblog teil 3

dieser äusserst feingesiebte dauernieselregen erzählt sehr zuverlässig davon, dass es gestern schon genauso geregnet hat; vom fenster aus gesehen könnte es also ebenso gut gestern wie heute (und eventuell sogar morgen?) sein. wenn sich die tage ähneln wird es schwierig, überhaupt eine struktur auszumachen, eine zeit, an der festgehalten werden kann, eine entwicklung.

revolver_lomo

wenn wir am anfang eines tages aufwachen, beginnen die räderchen zu ratten und geben knarzend von sich, was gestern geplant und auf heute verschoben wurde, was gestern erledigt war und heute ad akta gelegt werden darf, es fällt einem ein was einem gestern gefiel und was man heute vermisst. dieses vermögen, sich im universum seiner selbst in vollem bewusstsein und in voller geschichtlichkeit zu denken und danach zu handeln, ist mitunter eines der durchgängigsten argumente der wirklichkeit: dagegen ist der traum fragment, zerfetzt, unvollständig, kein kontinuum,

wenn wir uns abends zwischen die laken legen, haben wir also in der regel längst vergessen, was wir vorige nacht träumten. es ist uns unmöglich, dort anzuknüpfen, wo wir letzte nacht aufhörten. und wäre das nicht eine beängstigende vorstellung? „Würde es nicht beim Erwachen viele Lücken (an Unaufmerksamkeit übergangene verknüpfende Zwischenvorstellungen) in unserer Erinnerung geben, würden wir die folgende Nacht da wieder zu träumen anfangen, wo wir es in der vorigen gelassen haben: so weiss ich nicht, ob wir uns nicht in zwei verschiedenen Welten zu leben wähnen würden.“ sagt Kant (der ansonsten der meinung ist, ohne den traum würden wir uns direkt in den tod schlafen). wir müssten uns ja in zwei welten wähnen, denn wir würden in der einen wie in der anderen absichten verfolgen, die sich nicht in stundenschnelle ausführen lassen, wir würden parallele terminkalender füllen und parallele freundschaften pflegen. wir hätten unsere ängste parallel aufgeteilt – und könnten mit der lösung eines problems in der einen welt vielleicht in die andere welt hinüberreichen, mit gutem beispiel voranschreiten, in der wachwelt die traumwelt und in der traumwelt die wachwelt deuten und daraus lernen... wir müssten ganz genau aufpassen, ob unser gegenüber nun im traume schon ganz anders war und eine beziehung an einem völlig anderen punkt angelangt war, oder ob sich gar die zwei beziehungen durchaus widersprechen - und diese verschiedenen entwicklungszustände bloss nicht miteinander vermischen – denn dann? dann wären wir ja eventuell wieder eine person mit ach zwei seelen in einer brust? selig also jene, die sich sowieso selten bis gar nicht an ihre träume erinnern, die könnten parallel hier und dort leben und wüssten wenig bis gar nichts davon, vielleicht bloss unbewusst mal ein kleines déja-vu.
bei den antiken griechen passte das „hier“ und „dort“ noch ins klare weltbild, heute schafft sich die wissenschaft mit einer realität, die sich nur über das nicht-reale definieren lässt und gleichzeitig unaufhörlich ihren horizont erweitern kann wie das monströse schwarze loch einen doppelten boden: dort ist zwar dort, gehört aber zu hier, womit alles hier ist, aber eben nicht ganz von hier aus erklärbar. wie noch mal?

träume scheinen sich mit einer charmanten beharrlichkeit einer endgültigen sinnzuweisung zu entziehen. immer wieder gelangt die forschung, die philosophie, die kunst einer zeit an die grenze, wo sich selbst beschneidet: wer den traum von der wachwelt erklären will, seine beschaffenheit, seine arbeitsweise, sein zweck, seine funktion – seine herkunft! - , erklärt mit den parametern der wachwelt, denn nur die stehn im moment des wachen zur verfügung, und diese parameter definieren unsere welt, unsere realität. niemandem ist es tatsächlich gelungen, den träumenden beim träumen erklären zu lassen, was bleibt ist immer nur die erinnerung und die erzählung. so dass nach mehr als siebzig jahren rem-wissenschaft doch noch die frage im raum steht: wäre es nicht technisch möglich, dass der träumende den traum innerhalb wenigster sekunden im moment des aufwachens erfindet (bzw. sein hirn)? was tut dieses gehirn, das im schlaf mindestens genau so aktiv wenn nicht sogar aktiver im schlaf ist wie im wachen? ist es tatsächlich ein art computer und dieser virus „traum“ auch mit 0 und 1 erklärbar?
was ist wenn der traum sich einfach nicht mit den eigenschaften der wachwelt vergleichen lässt? wenn seine substanz eine andere ist, seine herkunft eine eigene, wenn es nicht für alles eine endgültige erklärung gibt, die unserem derzeitigen wissenschaftsglauben gehorcht? es zieht sich durch die geschichte der faden der sinnsuche, oder der sucht nach sinnhaftigkeit. es gibt weniges in dieser welt, dass ohne funktion auskommen darf, wenn, dann gehörts meistens zur sparte kunst und fristet ein ständiges dasein auf der abschussrampe, ein luxus, der jederzeit über bord gehen könnte. es ist schlicht undenkbar, dass etwas, mit dem wir so viel zeit verbringen, das wenigstens einem teil von uns so viel gibt, oder nimmt, keinen zweck hat. Locke nahm den traum als form des denkens, und somit gottgegeben, und damit per se nicht sinnlos – gott vergibt keine sinnlosen fähigkeiten.

Sonntag, 30. August 2009

traumblog zwischenzweiunddreistück

Kleines rätsel für zwischendurch: das folgende, ist das traum oder trauma, eine erinnerung an eine nächtliche hirn-passage, oder eine schilderung einer taghellen episode?

Es beginnt mit einem ziemlich steilen Aufstieg. Links Felder, Wiesen, Weiden, terrassenartig ansteigend und saftig dunkelgrün. Rechts kleine niedrige Häuser. Eine unbekannte Landschaft. Ganz oben auf der Spitze des Bergs geht man in das Haus rein, dessen Räume eine Reihe von Säulenhallen sind, die bis oben hin vollgestellt sind. Ein Mädchen wird blöd angemacht und bedroht, woraufhin ein Freund von hinten kommt und dem Bedroher mit einem riesigen Holzscheit den Schädel einschlägt. Er schlägt noch mal zu, das Blut fliesst dunkelrot.
Dann muss ein kleines weisses Kind, das beladen ist, dieses Geheimnis „schlucken“. Es wird nach draussen geführt, wo auf den Weiden eine Gruppe von sehr respekteinflössenden Ureinwohnern wartet. Plötzlich taucht die Mutter auf und brüllt. Man erzählt ihr, dass das Kleine nur auf einen Ausflug geht und will es eigentlich dabei irgendwo versenken.

Sonntag, 28. Juni 2009

flügelschlag der intimität. traumblog teil 2

revolver_lomo1

heute mal ganz was privates. wenn berlusconi das kann, und obama und die merkel sogar privat aussehen, wenn sie sich preisen ins mikrofon, dann kann ich das auch.

„das private ist für mich das eigene, das sehr persönliche, das im bild zum ausdruck kommt. das private umfasst auch das intime und damit zugleich das heimliche, das geheimnis. die intimität öffnet den begriff des privaten ins körperliche. intimität ist der zustand tiefster vertrautheit, der durch das emotional körperliche, durch sex und durch liebe, entsteht. bilder können sowohl privat sein wie auch intim. wenn sie den eigenen privaten oder den intimen raum verlassen, und es ihnen gelingt, bei anderen ähnlich intensive gefühle hervorzurufen, dann springt der funke über, und es brennt in dir wie in mir, als ich das bild gemalt habe.“
dieter mammel (wer zur hölle ist dieter mammel) im tip dieser woche.
na ja, ich sitz halt grad in berlin und lese alles was sich mir meine finger krallen können. internet=bloggen (oder =facebook, =twitter, =myspace, =etc, wenn ich denn damit erfahrung hätte) schafft die quadratur des kreises: die privatheit in ihrer massenhaften anonymität. wir glauben menschen zu kennen, wenn wir ihre enbtlössungen im netz lesen, wir glauben, sie bringen uns vertrauen entgegen, wir glauben, wir können uns gegenseitig helfen, und wir glauben vor allem, wir stünden miteinander in einem ja intimen kontakt. was wir nicht alles glauben.

wenigstens können wir nicht im schlaf bloggen, dann könnten ja vielleicht auch leute im koma bloggen und so endlich offenbaren, ob sie lieber sterben oder lieber siechen. na ja. für diesen absatz genug der politischen unkorrektheiten (ist ahmadinejad eigentlich politisch korrekt?). wenigstens bleiben wir weg im schlaf. woanders. ganz gefangen in unserer eigenen privatheit, intim mit uns. wen interessiert schon mein persönlicher traum, wer kann denn damit was anfangen? schlaf kann man teilen, traum bleibt eigen. was ich träume, wird nur mir etwas sagen, nur ich kann die einzelnen versatzstücke erkennen, den zusammenhang aufschlüsseln, nur ich weiss mit bestimmtheit, wann ein traum eine besonders lustige aber sehr sinnlose variante meiner erlebnisse ist.

kann aber die handlung eines traum privat sein? intim? von sex träumen, von wünschen, vorstellungen, die im wachzustand schon im frühstadium vom sozialisierten hemmungsamt weggeätzt werden – nur, eben, wohin: da wo die langen, dürren finger der träume noch dran kommen -, von begegnungen, sehnsüchten, von all dem lässt sich leicht träumen, und die lassen sich auch leicht wieder vergessen. aber lässt sich liebe träumen? nicht im tagtraum, nein, tief im schlaf, ohne kontrolle über die jenseits jeder wahrscheinlichkeitsrechnung liegenden kombinationsmöglichkeiten – lässt sich ein mann mit doppelleben und vergangenheit ein auf den achterbahn-traum einer kleinen göre? und ist das alles beim aufwachen weg wie eine geplatze luftblase? darf man liebe noch beanspruchen als realität? oder nur dann, wenn der krug anschliessend zerbricht?
womit wir bei der frage ankommen: was bitte schön ist denn heute noch privat? was intim was nicht gleichzeitig wildfremd?
PRIVAT, adj. und adv., amtlos, besonder, geheim, unöffentlich, persönlich, häuslich, überhaupt dem amtlichen, öffentlichen, allgemeinen, gemeinsamen entgegengesetzt; im 16. jahrh. entlehnt aus lat. privatus (vom staat abgesondert, ohne amt für sich lebend; eine einzelne person betreffend): private angelegenheiten (oder angelegenheiten privater natur), händel, mittheilungen; einem etwas privat (nur für seine person) mittheilen u. s. w.; (grimmsches wörterbuch).
Privat (von lat. privatus, PPP von privare, „absondern, rauben“, privatum, „das Eigene“ und privus, „für sich bestehend“) bezeichnet Gegenstände, Bereiche und Angelegenheiten, die nicht mehr der Allgemeinheit gehören bzw. offenstehen, sondern nur einer einzelnen Person oder einer eingegrenzten Gruppe von Personen, die untereinander in einem intimen bzw. einem Vertrauensverhältnis stehen. (wikipedia)
intim kannten die gebrüder grimm noch gar nicht.
ich raub dir den schlaf und setz mich ins gemachte nest deiner privaten natur?

ein versuch: in einer situation, die man als wirklichkeit und/oder traum annehmen und somit beides gleichwertig zur realität erklärend erleben kann, sagt unser an kunst, kultur und gesellschaft geschultes wunschvermögen, ist alles möglich. denn die bekannten, die sicheren wege, die die situation zu einer handlung fortführen, dürfen verlassen werden, jetzt liegt eine füllige, unüberschaubare ebene vor uns und bietet unzählige trampelpfade. die handelnden sind an nichts mehr gebunden als an sich selbst, können jederzeit anknüpfen aneinander, aber sie müssen sich erkennen, denn jeder fussel gehört zum spielfeld. so ein one-night-stand ist ein ganz anständiger ausgangspunkt für so was. je intimer wir sind, desto eher geben wir uns die blösse, die das unvorhergesehene möglich macht.
in den meisten fällen sind wir ganz froh, wenn wir aufwachen. das anarchische träumen ist nicht des menschen sache, alistair ist ausserordentlich froh, wenn er trotz weltallausflug seine bücher rechtzeitig zurückgeben kann – nicht auszudenken, die bussen und verluste, die betreibungen, die verpflichtungen, die berichtigungen, die formulare,...
...und nach dem theater muss man ja auch wieder mit dem alltagsleben klarkommen.

traumticket

When I'm in the middle of a dream
Stay in bed, float up stream

Please don't wake me, no
don't shake me
Leave me where I am
I'm only sleeping

Sonntag, 7. Juni 2009

>spiegelblicke und patronenräume. traumblog teil 1

theater ist ja bei interviewten, die gefragt werden warum theater und nicht film, immer: das flüchtige und darum lebendigere, wo man das publikum spürt, und jede vorstellung anders ist als die letzte. das stetig unfertige also. intern weiss man, dass die letzten 10 tage platzen vor letzter-minute-entschlüsse und verfestigungen, die aus der panik vor der unsicherheit auf der bühne geboren werden. viele regisseure tun sich besonders schwer, nach der premiere loszulassen und das noch-nicht-ganz-fertige zu festigen und zu korrigieren. und wie viele produktionen schaffen es tatsächlich, jeden abend neue konstellationen entstehen zu lassen, wie viele produktionen sind unfertig angelegt und werden dann im programmheft nicht unter der rubrik „scheitern als wichtigster moment im theater“ angepriesen?

und dabei ist bloggen was vom unfertigsten, was es gibt. wenn wir hier die aufgabe haben, über unsere projekte laufend zu informieren, material zu liefern, vielleicht probenberichte, bilder – was erwartet der geneigte oder kritische leser da? den einmaligen einblick, wie wir theatermenschen wirklich arbeiten (also nicht vor 10.30 uhr anfangen und dann alle 20 minuten eine schöpferische rauchpause, viel improvisation und eine riesige materialschlacht)? will er vom scheitern lesen, das mit beängstigender konstanz zur premiere hinan wächst – oder will er sich die sicherheit holen, mit viel lesestoff diese inszenierung auf jeden fall zu verstehen? den text lesen, die personen kennenlernen, die welt bereits vorher austarieren, vielleicht einfach herausfinden, ob ihn das ganze überhaupt interessiert? oder müssen wir hier beweisen, wie spannend-aktiv wir sind?

wir haben am 25. und 27. mai im raum 33 ein kleines vorexperiment vor sagenhaft wenigen zuschauern präsentiert. davor haben wir unseren „revolvertraum“, das projekt nach dem text von lola arias, mit der liebgewonnenen idee „zuschauer ans licht!“ angepriesen. oder wenigstens bei nachfrage erzählt, dass jeder zuschauer per schalter sein licht im bühnenraum entzünden kann und so seine eigene perspektive wählt, oder die sichtbarkeit seiner wahrnehmung. nun haben wir diese situation ausprobiert – und eine andere, ehemals vernachlässigte, aber absolut berauschende. während den 3 tagen proben kann man sich noch ans liebgewonnene klammern, auch wenn die andere sache ganz einfach raffiniert ist. wir habens nicht erfunden, aber schön zum ansehen ists, und es passt dem raum 33 wie ein massgeschneidertes kleidchen, und unserem konzept zum revolvertraum hälts einen glasklaren spiegel vor: 5 A4-grosse spiegel auf notenständern boten kleine blickfenster über einen grossen spiegel an der decke (in den man natürlich auch direkt blicken konnte) auf zwei mädels. schwerelosigkeit war eine sache der positionsänderung. die zuschauer waren voyeure, die sich dem sog der intimität nicht entziehen konnten. die szene war weit weg und hautnah.

also, auf deutsch: spiegel, keine schalter! sogenannte effekte verlieren ihre effekthaftigkeit und –hascherei durch ihre simple herstellbarkeit – eine elegante aushebelung gewohnter erdanziehungskraft, blickrichtung, dimension.

erfinden wird heute im theater kaum noch jemand was. neue formen, so verschrien, sind bloss ein weiterdenken der seh-sehnsüchte, und längst tendenzielle realität. und das war keine korrektur, diese entscheidung war geplant, kurs geändert wegen gewittervorhersage: wir fliegen dran vorbei.

soweit zum spiegel deines nachbarlichen blicks.

nun zur patronensammlung unseres traums.
keine gewähr auf vollständigkeit, hier steht kein konzept dahinter, als jenes des bloggens: information, von einer person aufgesammelt, aufbereitet für maximale assoziationsbereitschaft, wird von der person für den äther online gestellt. irgendeinen wird’s schon freuen. fortsetzungen werden folgen.

thomas schütte ist ein mir sonst eher unbekannter künstler, holger liebs hat ihn für die süddeutsche interviewt und gefragt:

SZ: Sie haben einmal einen ihrer Träume zu Papier gebracht. Ein Museum muss schließen, weil alle streiken, und kein Künstler mehr Werke einliefert. Und die Menschen sind glücklich deswegen und zeugen Kinder. Ein schöner Traum oder ein Albtraum?

Thomas Schütte: Es gibt ja sehr realistische, aus dem Leben gegriffene Träume. Das ist ein großes Privileg der Künstler: lange schlafen zu dürfen. Sie werden dann beneidet, wenn sie um zwölf Uhr mittags verwuselt auftauchen. Durch diese Topmodel-Geschichten weiß man ja inzwischen, dass dieser vermeintliche Glamour harte Arbeit ist, knallhart. Früher konnte ich auf Knopfdruck dösen, stundenlang. Man träumt von der Arbeit und denkt sie noch einmal durch. Dadurch werden die anschließenden Handgriffe sicherer und schneller.

SZ: Träumen ist also produktiv. Und dennoch: War das jetzt ein Albtraum von leeren Museen?

Schütte: Wohl eher eine Phantasie. (…)

wäre ein theater ohne schauspieler und regisseure und dramaturgen und zuschauer eine schöne phantasie oder ein albtraum? – übrigens gehört zu den fakten, die ein umfangreicheres traumerinnern fördern, neben dem entspannten schlafen das aufwachen mitten aus einer traum-phase. wer ausschläft kann sich meistens nur noch durch einen halb-wachen nebel aus schlafbewusstein erinnern, ordnet und erzählt bereits wieder aus dem wachzustand heraus. das produktive dösen und die vorstellungen hinter geschlossenen lidern, tagträumen, all das gehört auf jeden fall zum universum traum. dieses universum ist riesig, es gibt diverse traumtheorien. und die analyse seines träumens versucht ein jeder aus dem wachen - so wie wir das gewohnt sind, unseren tag aus dem wachsein zu analysen. denn ist nicht der traum bloss ein teil des schlafes, der ein teil unseres da- und wachseins ist? brauchen wir den schlaf als gegenstück fürs wachsein, als mittel ohne eigenzweck, als stand-by für den energiehaushalt?

ein mensch, der träumt, verschwindet aber aus dem zusammenhang seiner welt, sein schlafuniversum ist von ‚aussen’ unerreichbar – trotz jahrhundertelanger auseinandersetzung mit dem traum kann niemand genau beantworten, warum wir träumen. auch wenn REM-phase und ihre begleiterscheinungen wissenschaftlich aufgezeichnet werden können, auch wenn sich träume erzählen lassen – die komplexität dessen, was einem träumenden menschen geschieht, ist nie ganz einsichtig, denn sie ist urpersönlich und kann nicht mit den parametern der tagesrealität analysiert werden.
das ist schon wieder eine eigene these. ich finde sie gerade ziemlich einleuchtend. die letzten drei male bin ich morgens aufgewacht und wusste nicht, ob ich jetzt wach war, oder ob nur wieder ein szenewechsel stattgefunden hatte und ich weiter träumte. das aufwachen danach ist in der regel bedeutend langsamer als sonst und durchsetzt mit bildern, emotionen und atmosphären aus einer welt, die vor kurzem noch handfest und echt war.

etwas komplizierter: „… mit der objektivierung von traum und traumausgang etwas (beginnendes) wirkliches zu erschliessen“ (sagt Artemidor, alter grieche), also durch das annehmen der traumgegenstände und –handlung diese in die wirklichkeit zu übertragen. „dennoch erscheint die für die deutung entscheidende belastbarkeit, die welthaltigkeit der traumerfahrung bei einfachen und komplizierten träumen nicht verschieden. im hinblick auf ihr wirklichsein denkt artemidor die zustandsträume und die traumgesichte vielmehr durchaus gleich. der aussagebereich der beiden traumformen differiert: aktueller körperzustand oder aber zukunft. auch die deutungstechnik variiert (…). der wirklichkeitswert der träume und des weltstücks, mit dem sie objektiv verbunden sind, ist trotzdem jeweils gleich – und jeweils ganz gegeben.“ „denn die ordnung der wachwelt und die ordnung der träume erschliessen sich – und zwar durch den glauben an eine erfahrung, mit der sich ein einziger imanenzraum auftut.“

man muss schlussendlich unterscheiden zwischen dem inhalt von träumen – und dem umgang mit ihnen. darum solls in den nächsten posts gehen. was sicher ist: in unserer hinsicht sind träume absolut produktiv.
zitiert wurde aus dem lesenswerten „traum und wirklichkeit“ von petra gehring, campus 2008.

Freitag, 29. Mai 2009

MAIDIng Bilder

im MAIDing versteckt sich das weib aus dem hintergrund und katapultiert sich in den eigenen vordergründigen hauptsachverhalt: das ist der zeitpunkt, wenn frau ihre probleme nicht mehr mit einer kurzhaar-frisur lösen kann, wenn sich das selbst-verständnis einer möglichen schwangerschaft plötzlich lautstark mit fragen zurück-meldet, wenn all den tippenden, sammelnden, unterstützenden, vertrauenden gefährtinnen mehr als nur die widmungsseite geboten wird.

im MAIDing zieht sich ein mit unserer ersten produktion begonnener schwerpunkt weiter: die ständige auseinandersetzung mit einem fakt, der einen grossen teil unseres daseins ausmacht: die frau. wir mögen wie miriam meckel (siehe letztes tagimagi) lieber die „thelma&louise-feministinnen“ als feuchtgebietler-innen und männerhasserinnen. aber so ganz scheint weder selbstver-ständlichkeit, gleichberechtigung noch gelassenheit zum thema erreicht zu sein, die frau wie mann verdient.

das MAIDing ist ausserdem ein try-out für den REVOLVERTRAUM (der dann eine ganz andere geschichte erzählt): nachdem wir versuchen werden, deine sehgewohnheiten etwas umzumöbeln, wirst du im untergeschoss 1 schalter für dich finden: falls du immer schon mal selbst bestimmen wolltet, was und wie viel sichtbar ist, was im dunkel bleibt: das ist die gelegenheit. zu jedem schalter gehört eine persönliche lichtquelle.

MAIDing2 MAIDing3 MAIDing4 MAIDing5 MAIDing6

Donnerstag, 21. Mai 2009

Tryout: REVOLVERTRAUM

Flyer-MAIding
tryout zum REVOLVERTRAUM
treibstoff theatertage 09

25. und 27. mai 2009
jeweils 20 uhr
raum 33, basel

mit: elina müller meyer und esther becker
regie & text: charlotte von bausznern
licht: christa wenger und minna heikkilä
raum: peter meier
kostüm: susanne ehrenbaum
specials: michelle kohler

eine lose collage mit verbindungsmöglichkeiten aus sprache und tanz zur maid im hintergrund: was frau macht, wenn frau alleine zu hause ist.

eintritt 5 chf
beschränkte platzzahl!

unbedingt anmelden bei info@cadartin.com

anschliessend an beide vorstellungen finden publikumsgespräche statt! zwanglos und politisch inkorrekt - ach und bevor wirs vergessen: wolltest du schon mal selbst bestimmen, wie hell die bühne ist?

REVOLVERTRAUM

Team: cadartin produktionen
Regie: Charlotte von Bausznern
Spielstätte: raum33

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